Strafverfolgung von Verkehrssündern im Ausland

Anhaltung durch die österreichische Polizei bleibt die effektivste Möglichkeit ausländische Raser zu bestrafen

Die Auswertung der Section Control im Kaisermühlentunnel auf der A22 - Strafenbilanz im 1. Halbjahr 2008 - erhitzte in den vergangenen Tagen die Gemüter. Ein großer Kritikpunkt ist, dass ein großer Teil der Temposünden von ausländischen Fahrern begangen wird, die dafür nicht belangt werden können, während die Österreicher sehr wohl zahlen müssen. "Einerseits sind Strafen unter 70 Euro wegen des hohen Verwaltungsaufwandes im Ausland nicht vollstreckbar , andererseits hat die Praxis gezeigt, dass den österreichischen Behörden bei der Verfolgung von Strafen über 70 Euro im Ausland oftmals die Hände gebunden sind", sagt ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner.
 
Seit 1. März 2008 ist es möglich, nicht bezahlte österreichische Verkehrsstrafen ab 70 Euro im EU-Ausland einzutreiben. So die graue Theorie. "Damit das auch in der Praxis funktioniert, muss das EU-Gesetz zur grenzübergreifenden Vollstreckung von Verkehrsstrafen von allen 27 EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Und davon sind wir nach derzeitigem Stand noch weit entfernt ", erklärt die ÖAMTC-Juristin. Bisher haben lediglich die Staaten Österreich, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Dänemark, Finnland, Frankreich, Litauen, Niederlande und Rumänien ein entsprechendes Gesetz beschlossen.

Einbahnstraße Datenweitergabe

Erschwerend kommt für die heimischen Behörden hinzu, dass das geplante Ergänzungsgesetz, das die europaweite Ausforschung von Autohaltern aufgrund des Kfz-Kennzeichens ermöglichen soll, noch immer ausständig ist. "Fehlt die Adresse zum Kennzeichen, kann keine Strafe ins Ausland nachgeschickt werden und unsere Vollzugsbehörden schauen weiter durch die Finger", sagt Pronebner. "Umso wichtiger sind deshalb rasche Regelungen über den Austausch von Halter- und Lenkerdaten Österreichs mit den Behörden der Nachbarländer ." Derzeit gibt es eine Einbahnstraße: Nach österreichischer Gesetzeslage sind die heimischen Behörden verpflichtet, entsprechende Daten unserer Autofahrer an ausländische Behörden weiter zu geben. Der ÖAMTC fordert schon seit Monaten von der Regierung, dafür zu sorgen, dass österreichische Behörden Daten über heimische Autofahrer nur dann an ausländische Behörden weiter geben dürfen, wenn gewährleistet ist, dass auch umgekehrt derartige Auskünfte an Österreich erteilt werden. "Eine solche Gegenseitigkeit lässt sich mit einer einfachen Änderung des Kraftfahrgesetzes erreichen", sagt die ÖAMTC-Juristin.
 
Allerdings kann in vielen Ländern nur der tatsächliche Lenker - und nicht stellvertretend der Autohalter- bzw. Zulassungsbesitzer bestraft werden. Deshalb braucht man für die Bestrafung in weiterer Folge die Auskunft, wer tatsächlich gefahren ist und die Verkehrsübertretung konkret begangen hat. Denn nicht alle Länder kennen eine ähnliche Verpflichtung des Halters, den Lenker zu benennen, wie Österreich. Aber gerade für die Bestrafung deutscher Temposünder ist es essentiell, zu wissen, wer gefahren ist, weil sich die Deutschen sonst mit dem " Auskunftsverweigerungstrick " der Strafe entziehen können. Ab 2009 soll es laut Innenministerium möglich sein, Autofahrer in der Section Control auch von vorne zu fotografieren . So kann man den Lenker eindeutig erkennen und in dessen Heimatland ausforschen lassen. Dann heißt es auch für die deutschen Verkehrssünder " bitte zur Kasse ".
 
"Die verlässlichste Möglichkeit, die Strafe einzukassieren, ist die Anhaltung durch die Polizei an einer sicheren Straßenstelle. Dann kann die Strafe gleich eingehoben werden", beurteilt die ÖAMTC-Juristin die derzeitige Lage. Diese Maßnahme ist auch pädagogisch am sinnvollsten und präventiv am effektivsten. Handelt es sich um eine gröbere Verkehrsübertretung, für die kein Organmandat vorgesehen ist, können bei ausländischen Lenkern Sicherheitsleistungen (Kautionen ) eingefordert oder persönliche Gegenstände beschlagnahmt werden. "Das teure Problem einer 'Vollstreckung über die Grenze' erübrigt sich somit und der vorgeschriebene Strafbetrag bleibt - im Gegensatz zur Regelung der EU-Bestimmungen - beim Tatortstaat, also in Österreich", erklärt Pronebner abschließend
 
Quelle: ÖAMTC

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