Unfall mit Fahrerflucht: Gründe und rechtliche Folgen

Angst, Stress und Alkohol als Fluchtauslöser - hohe Strafen drohen.



Pro Jahr verunglücken in Österreich etwa 2.300 Personen bei Unfällen mit Fahrerflucht . Tendenz steigend. Nach 1.969 Unfällen mit Fahrerflucht im Jahr 2006 waren es 2007 schon um knapp fünf Prozent mehr, nämlich 2.062. "Endgültige Jahreszahlen für 2008 gibt es noch keine, aber allein von Jänner bis Oktober gab es im Vorjahr 1.581 Unfälle mit Fahrerflucht", sagt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Durchschnittlich geschehen im Monat 170 Unfälle, bei denen ein Lenker das oder die Unfallopfer im Stich lässt.

Unfälle mit Fahrerflucht sind kein Kavaliersdelikt . "Ob und wie ein Unfalllenker reagiert, kann für das Opfer lebensentscheidend sein. Wenn nicht rasch genug Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden, kann das für einen Verletzten schwerwiegende Folgen haben", gibt Seidenberger zu bedenken. Alleine in Wien stieg 2007 die Anzahl der Unfälle mit Fahrerflucht um über sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr an. Es gab 395 Unfälle. An zweiter Stelle findet sich die Steiermark (355 Unfälle mit Fahrerflucht) vor Oberösterreich (351 Unfälle mit Fahrerflucht) und Niederösterreich (304 Unfälle mit Fahrerflucht).

Stress und Angst vor Konsequenzen verursachen Kurzschlussreaktion

Die ÖAMTC-Verkehrspsychologin ortet verschiedene Ursachen, warum ein Lenker nach einem Unfall nicht anhält. "In manchen Fällen kann es vorkommen, dass der Verursacher sein Fehlverhalten gar nicht bemerkt, so zum Beispiel wenn ein Radfahrer zu Sturz kommt. Der Unfalllenker wird somit ahnungslos zum Fahrerflüchtigen ", erklärt Seidenberger. Weitaus häufigere Gründe für ein fluchtartiges Verlassen des Unfallortes sind aber Stress oder Alkohol . "Ein Unfall verursacht Stress. In einer Stresssituation reagiert der Mensch entweder mit Kampf (man stellt sich einer Situation) oder mit Flucht, um weit weg von den Konsequenzen zu kommen", so die Expertin.

Entscheidend für die aktuelle Reaktion ist, welche Bedrohungen noch dazu kommen. Die Angst vor einem Jobverlust, Verlust des sozialen Status, finanzielle Sorgen, Aufdeckung gesundheitlicher Mängel, Verlust des Führerscheins oder gar die Entdeckung einer "Alkofahrt" mit allen rechtlichen Folgen können bei einem Unfalllenker eine Kurzschlussreaktion auslösen. In so einem Fall kann die Rolle eines Beifahrers oder auch eines unbeteiligten Passanten entscheidend werden. Wichtig ist es für alle unverletzten Beteiligten, ruhig zu bleiben, die Unfallstelle abzusichern, Erste Hilfe zu leisten, Einsatzkräfte zu verständigen und wenn möglich Unfalldetails zu dokumentieren. "Sich aus dem Staub zu machen ist auf jeden Fall die falsche Reaktion, egal ob Unfall mit Verletzten oder nur Blechschaden", stellt die ÖAMTC-Verkehrspsychologin klar.

Bis zu drei Jahre Gefängnis für Fahrerflucht möglich

Wird ein Fahrerflüchtiger ausfindig gemacht, so muss er mit rechtlichen Folgen rechnen. Als fahrerflüchtig gilt, wer einen Unfall verursacht und eine verletzte Person im Stich lässt. "Dabei ist zu beachten, dass bereits das Entfernen vom Unfallort als Fahrerflucht gilt", erklärt ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner. Neben einer Verwaltungsstrafe drohen einem fahrerflüchtigen Lenker je nach Unfallfolge bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe . Außerdem kann in diesem Fall die Haftpflichtversicherung das an den Geschädigten ausbezahlte Geld vom fahrerflüchtigen Lenker zurückfordern .

Entschädigung für Unfallopfer seit zwei Jahren besser, aber noch nicht ideal

Bis Mitte 2007 haben Unfallopfer von Fahrerflüchtigen nur die Kosten für Verletzungen ersetzt bekommen. Seit 1. Juli 2007 sind Opfer besser abgesichert. Der Garantiefonds des Versicherungsverbandes ersetzt Sachschäden nach Unfällen mit Fahrerflucht zumindest dann, wenn Personen schwer verletzt oder gar getötet worden sind. "Den Selbstbehalt in der Höhe von 220 Euro muss das Unfallopfer aber nach wie vor selbst tragen. Das ist absolut ungerechtfertigt", kritisiert Pronebner. Bei Parkschäden bleibt man weiter auf den Kosten sitzen, wenn der Verursacher das Weite gesucht hat. "Gerade bei solchen Schäden steht immer wieder ein möglicher Versicherungsbetrug im Raum. Deshalb werden diese Schäden nach wie vor nicht bezahlt", so die ÖAMTC-Juristin abschließend.

Quelle: ÖAMTC