Verfolgung von Verkehrsstrafen aus dem Ausland

Im Gesetzesentwurf bleibt unklar, welche Delikte betroffen sind

Gestern, Mittwoch, wurde die wechselseitige Vollstreckung von Verkehrsstrafen in Europa im Ministerrat beschlossen. Da nur Verkehrsstrafen über 70 Euro europaweit eingetrieben werden können , haben viele Länder ihre Bußgelder mit Jahresbeginn kräftig angehoben. "Absolut inakzeptabel", sagt ÖAMTC-Juristin Verena Hirtler. "Sinn und Zweck der 70-Euro-Grenze ist, dass für geringfügige Vergehen kein unnötiger Behördenaufwand quer durch Europa betrieben wird." Auch Tendenzen in Österreich, die Strafen zu erhöhen, erteilt der ÖAMTC eine klare Absage. "Die österreichischen Strafhöhen bewegen sich im europäischen Durchschnitt und vor allem bei schweren Delikten weit über 70 Euro. Es besteht daher kein Grund unter dem Vorwand der internationalen Vollstreckbarkeit die Strafen zu erhöhen", protestiert Hirtler.

Außerdem kritisiert die Club-Expertin, dass noch unklar ist, welche Delikte wechselseitig vollstreckt werden können . In Deutschland zum Beispiel soll die EU-weite Vollstreckung nur für jene Delikte gelten, die eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen. Im österreichischen Gesetzesentwurf wird lapidar von "gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften" gesprochen. Unklar bleibt, ob z.B. nicht bezahlte Parkgebühren oder umweltbedingte Fahrverbote sowie Tempolimits überhaupt international vollstreckt werden dürfen.

Das ist aber nicht die einzige Lücke im derzeit vorliegenden Gesetzesentwurf. Der ÖAMTC fordert, dass Autofahrer vom Gesetzgeber vor Schikanen ausländischer Behörden geschützt werden. "Es ist keine Verpflichtung der österreichischen Behörden vorgesehen, das ausländische Verfahren auf Fairness zu prüfen. Etwa ob der Betroffene die Möglichkeit hatte, in seiner Sprache vor der Behörde auszusagen und seine Sicht der Dinge darzulegen", sagt Hirtler. Nachdem eine Übersetzung der ausländischen Strafbescheide nicht verpflichtend vorgesehen ist, stellt sich die Frage, wie Österreicher z.B. mit Tatvorwürfen auf Ungarisch umgehen sollen. "Erst wenn feststeht, dass der österreichische Autofahrer konkret weiß, wann er wo was angestellt haben soll und die Strafe nach einem fairen Verfahren rechtmäßig festgesetzt wurde, darf die Strafe von heimischen Behörden vollstreckt werden", fordert die ÖAMTC-Juristin. "Der Gesetzgeber wird auch nach dem heutigen Ministerrat bis Sommer noch alle Hände voll zu tun haben, diese Rechtsschutzdefizite auszumerzen."

Ab Sommer wird es in Österreich möglich sein, nicht bezahlte Strafzettel von ausländischen Temposündern zwangsweise einzutreiben. Gleichzeitig heißt es aber auch für österreichische Autofahrer, schon bei der Fahrt in den Osterurlaub besonders aufzupassen und sich an die Regeln und Vorschriften vor Ort zu halten. "Denn, auch wenn in vielen Ländern die nationalen Voraussetzungen zur gegenseitigen Vollstreckung von Verkehrsstrafen noch fehlen, können Bußgelder auch Jahre später noch eingefordert werden ", sagt die ÖAMTC-Juristin. "In Ländern, wo Verkehrsstrafen noch nicht verjährt sind - bei unseren italienischen Nachbarn ist das erst nach fünf Jahren der Fall - kann ein Strafzettel theoretisch noch Jahre später ins Haus flattern."

Quelle: ÖAMTC

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