ÖAMTC Rechtsberatung(Bildquelle: ÖAMTC)

Reklamation im bzw. nach dem Urlaub : Praxis-Beispiele aus der ÖAMTC-Rechtsberatung

Serie von Mag. Andreas Achrainer, Hauptabteilungsleiter ÖAMTC-Rechtsdienste

Ein ÖAMTC-Mitglied hat in einem Reisebüro 3 Appartements für 4-6 Personen in Bardolino am Gardasee gebucht. Bei der Anreise musste Sie feststellen, dass die Appartements weder mit den Beschreibungen des Prospektes, sowie den Aussagen des Reisebüros übereinstimmten. Die Appartements waren sehr klein und entsprachen nicht den gebuchten Appartements!

Nicht nur, dass der Allgemeinzustand des Appartements nicht mehr dem heutigen Standard entsprach, wurden folgende Mängel bei der ersten Besichtigung festgestellt:

1) Das Schlafzimmer war sehr klein, dies an sich ist kein Problem, jedoch befand sich keine Möglichkeit, Kleidung oder andere Bestandteile des Reisegepäcks unterzubringen, vom Nichtvorhanden sein von Nachtschränken bzw. einer ausreichenden Beleuchtung ganz zu schweigen.

2) Der einzige Kasten befand sich im Schlafzimmer, welches für die Kinder vorgesehen war. Jedoch war der Zustand des Kastens mehr als dürftig, es befanden sich keinerlei Fächer oder ähnliches im Kasten, nur eine Kleiderstange, diese jedoch ohne Bügel.

3) Im gesamten Appartement wurde auf Türen verzichtet, lediglich der Sanitärbereich war durch eine ziemlich instabile Falttür vom restlichen Wohnraum abgegrenzt - von Privatsphäre, welche auch zur Erholung im Urlaub erwartet und notwendig ist, kann gar keine Rede sein!

Nach sofortiger Reklamation vor Ort wurde als einzige Alternative ein Mobile-Home angeboten.

In Anbetracht der Situation, dass sich der Tag bereits dem Ende zuneigte und unser Mitglied nicht nur für ihre Kinder, sondern auch für sich eine Schlafgelegenheit benötigte, mussten sie "Wohl oder Übel" dieses nicht besonders einladende Mobile Home beziehen, welches mit ca. 24 m² zumindest wesentlich geräumiger war, als das vorherig erwähnte Appartement. Das Mobile-Home lag direkt an der Hauptstraße, die Lärmbelästigung war enorm! Von Ruhe und Erholungswert, welchen man sich in seinem einzigen Jahresurlaub erwartet, konnte leider keine Rede sein.

Der geschilderte Fall ist nur ein Beispiel von vielen, mit denen die RechtsberaterInnen des ÖAMTC zu tun haben.

Wie verhält man sich am besten:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Grundsatz der Prospektwahrheit gilt. Alles was im Reiseprospekt beschrieben oder mit bunten Fotos bebildert wird, gilt als zugesagte Eigenschaft einer Pauschalreise. Der Reiseveranstalter muss - unabhängig ob ihn ein Verschulden an Mängeln trifft oder nicht - für diese versprochenen Leistungen einstehen. Werden die Leistungen nicht in der vereinbarten Form erbracht, spricht man von Mängeln und die Kunden haben Rechte auf Gewährleistung.

Das bedeutet, dass man in erster Linie gleich vor Ort Verbesserung verlangen sollte. Eine Verlegung in ein anderes Zimmer oder Hotel kann den Mangel beheben und den Urlaub retten. Dafür muss man auch keine Aufzahlung leisten.

Wenn der Mangel nicht verbessert werden kann (aus der Felsenbucht wird kein Sandstrand) oder einfach nicht verbessert wird, dann sollte man Beweise sichern: Fotos und Videos von den Baumaschinen die lärmen, Namen und Adressen (günstig auch Handynummern und E-Mail) von Leidensgenossen und schriftliche Bestätigungen der Reiseleitung, dass man die Mängel entsprechend gerügt hat.

Zurück in der Heimat kann man nun Preisminderung gegen den Reiseveranstalter geltend machen. Dabei sollte man (mit eingeschriebenem Brief) die Mängel kurz darstellen und dann beziffern, welchen Betrag man rückerstattet verlangt.

Um einen Anhaltspunkt zu finden, wie viel man für welche Mängel zurückverlangen kann, ist die Frankfurter Liste für Reisepreisminderung eine gute Hilfe. Darin finden Sie jene Prozentsätze, die nach der Judikatur eines Frankfurter Reiserechtssenates für die typischen Mängel angemessen erachtet wird. Auch die österreichischen Gerichte orientieren sich an dieser Liste. Es ist aber niemand - kein Gericht oder Veranstalter - gezwungen, genau die Prozentsätze zu bezahlen, die sich in der Liste finden. Das müsste im Einzelfall - kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung - das Gericht entscheiden.

Trifft den Reiseveranstalter oder seine Erfüllungsgehilfen am verpatzten Urlaub gar ein Verschulden, dann steht neben der Gewährleistung auch Schadenersatz zu. Wenn also ein verdorbenes "All-Inclusive-Buffet" Brech-Durchfall und Bettruhe bringt, statt dass man den erhofften Urlaub genießen kann, dann hat man auch Anspruch auf Schadenersatz für Heilungskosten und Schmerzensgeld. Wichtig ist in solchen Fällen die umfassende Dokumentation des Ausmaßes der Erkrankungen (Liste der erkrankten Urlauber in der Anlage) und die Dokumentation des eigenen Krankheitsverlaufes (ärztliche Atteste).
Seit 2002 der EuGH entschieden hat, dass aus der Pauschalreiserichtlinie abzuleiten ist, dass auch immaterielle Schäden für entgangene Urlaubsfreude zu ersetzen sind, kann, wenn die Reise zur Gänze oder doch weitgehend vereitelt wird, auch in Österreich - bei Pauschalreisen - Ersatz in Geld für entgangene Urlaubsfreude geltend gemacht werden. Man wird Ersatzforderungen im Lichte der Judikatur mit rund 50 Euro pro Tag und Person beziffern können.

Gewährleistungsansprüche müssen binnen 2 Jahren ab Rückkehr aus dem Urlaub, Schadenersatzansprüche binnen 3 Jahren ab Eintritt des Schadens gerichtlich geltend gemacht werden. Doch es empfiehlt sich, seine Ansprüche so rasch wie möglich geltend zu machen, um nicht in Beweisnotstand zu geraten.

Die Juristen des ÖAMTC helfen gerne bei der Durchsetzung Ihrer Rechte!