Hummer H2 fahren - Ein Testbericht

Kein Fall von Understatement

Schüchterne Naturen, die lieber möglichst unauffällig bleiben und denen Auftritte im "Rampenlicht" ein Greuel sind, sollten jetzt gleich weiterblättern. Denn der Hummer H2 ist alles andere als ein Understatement-Fahrzeug. Von der Größe her zwischen dem Ur-Hummer H1 (dessen Produktion übrigens Ende des Jahres eingestellt wird) und dem "Baby-Hummer" H3 angesiedelt, spannt er den Bogen zwischen monumentalem Erscheinungsbild und Alltagstauglichkeit wohl am Besten. Mit Abmessungen von 4,8 Meter Länge, 2,1 Meter Breite und 2 Meter Höhe und dem von seinen militärischen Genen abgeleiteten Design erntet er allerorts respektvolle (und neidische?!) Blicke. Ein besonders schönes und optisch veredeltes Exemplar haben wir uns zu Testzwecken für zwei Tage bei der VIP-Service HUMMER Vermietung in Hainburg ausgeborgt.

Bereits bei der Übernahme mussten wir im Größenvergleich mit unserem eigenen Korea-SUV hilflos w.o. geben. Der H2 ist einfach eine Klasse für sich und ringt einem schon vor den ersten Fahrkilometern allein durch sein Auftreten Respekt ab. Keine Frage, dass dies gleichermaßen für das Äußere wie für den Innenraum gilt. Von sanften Rundungen und weichen Formen will der Hummer nichts wissen, hier herrscht Ausdrucksstärke und Klarheit, wie man sie sich von einem Geländewagen dieses Formats auch erwartet. Gediegenes Leder mit zahlreichen Chrom-Elementen und ein unverschämt großes Platzangebot vermitteln sofort den Wunsch, sich hier für längere Zeit einzurichten. Die bequemen und mehrfach verstellbaren Ledersitze (natürlich mit Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer), Vierzonen-Klimaanlage, Tempomat, Bose Soundsystem mit neun Boxen uvm. tragen entscheidend zum Wohlfühlfaktor im H2 bei.

Nach kurzer Unterweisung in die Besonderheiten des Luxus-Offroaders und seines Alarmsystems (ok, ein kleiner Test wie schnell die Funkstreife nach einer Alarmmeldung wirklich vor Ort ist, hätte uns schon gereizt ;-) machen wir uns auf zu einer Runde durch das Marchfeld und anschließend Richtung Wien. Der VORTEC 6.0-V8 Benzinmotor mit 325 PS lässt schon beim Start erahnen, dass man mit dem 3-Tonnen-Fahrzeug trotz des hohen Gewichts eine Menge Spaß haben kann. Über ein 4-Stufen-Automatikgetriebe wird ein Drehmoment von 490 Newtonmeter bei 4000 U/Min zur Verfügung gestellt. Überholmanöver auf der Freilandstraße sind damit leichte Übung und lassen so manchen unbedarften Autofahrer ob des vorbeiflitzenden schwarzen Ungetüms ratlos zurück. Die Meilen-Angabe auf der Tachoscheibe ist nur anfangs etwas ungewohnt und für gute Augen gibts ergänzend auch die Km/h-Werte in Kleinschrift darunter. Trotz guter Beschleunigung lädt der Hummer H2 aber eher zum gemütlichen Dahingleiten ein, was auch dem Publikumsfaktor entgegenkommt. Schließlich will man im Hummer ja auch gesehen werden, was - Hand aufs Herz - nicht der geringste Grund ist, sich dieses Fahrzeug anzuschaffen bzw. auszuborgen. Aber da man sich Neid erst verdienen muss, sonnt sich der Hummer-Fahrer im allgemeinen Interesse und versucht dabei tunlichst nicht an die Tankrechnung zu denken, die bei einem Durchschnittsverbrauch von 17 bis 20 Litern (Normalbenzin) schon mal recht großzügig ausfallen kann.

Windschnittigkeit ist seine Sache nicht, weshalb wir den H2 auf der Autobahn lieber gemütlich bewegen. Der Vorwärtsdrang wird ohnehin bei 160 km/h elektronisch abgeregelt, schließlich will man den kleinen Sportflitzern auch ein Erfolgserlebnis gönnen. Auch im Stadtverkehr erweist sich der Hummer H2 dann trotz seiner Größe als durchaus alltagstaugliches Gefährt, vorausgesetzt man hat sich seine Lorbeeren bisher nicht nur im Kleinwagensegment verdient. Das Ein- und Ausparken ist ein wenig spannend und ruft einem die Vorzüge einer (hier leider fehlenden) Distance Control ins Gedächtnis. Einen Hummer-Fahrer zuzuparken, möchten wir übrigens niemandem empfehlen - bei einer Steigfähigkeit von bis zu 60% und senkrechten Kletterfähigkeit von 40 cm könnte sich dies als fataler Fehler erweisen ;-)

Ausgestattet mit zahlreichen Zusatzleuchten erwies sich unser Leih-Hummer bei Nacht als noch brutalerer Hingucker. Anschleichen kann man sich mit diesem Fahrzeug jedenfalls nicht. Und auch das "Vorbeischummeln" bei Polizeikontrollen kann man vergessen, wie wir gleich am ersten Abend feststellen mussten, wobei sich das Auge des Gesetzes weniger für unsere Fahrzeugpapiere als für das Exterieur und Interieur des Offroaders interessierte. So konnten wir schließlich auch der Exekutive einen Nachtdienst verschönern, erzählten mit Rücksicht auf die Staatsfinanzen aber lieber nichts von dem 700 PS Polizei-Hummer, den sich ein US-Sheriff von GeigerCars hat veredeln lassen.

Schweren Herzens mussten wir den H2 dann am nächsten Tag wieder zurückpilotieren, nicht jedoch ohne vorher ausgiebig Fotos von dem guten Stück zu machen. Da ein Tag mit dem Hummer H2 zwar unvergesslich ist, wir uns aber immer wieder gerne daran erinnern, schmückt jetzt ein Modell im Maßstab 1:18 unser Büro. Dieses erregt zwar nicht ganz soviel Aufmerksamkeit, aber fast ;-)