Kawasaki ZX 10R Ninja im Test

Kawasaki stellt den nominell stärksten Supersportler auf die Räder: Die komplett neue ZX-10R knackt die 200-PS-Schallmauer.

Dazu wartet diese erste komplette Neukonstruktion nach ihrem Debut im Jahre 2004 mit zahlreichen technischen Neuerungen wie der ersten Supersport-Traktionskontrolle der Marke und der Premiere des Supersport-ABS auf. Beim Motor ist bis auf das Hub-Bohrungsverhältnis nichts unverändert geblieben: Neben der neuen Lage der verschiedenen Wellen zum Beispiel auch leichtere Kolben und Nockenwellen, eine härtere Kurbelwelle und von Hand polierte Einlasstrakte. Damit überträgt die neue ZX-10R 147,1 kW / 200,1 PS auf das 190er-Hinterrad. Kaum weniger imposant sind die Drehmomentwerte von 112 Nm bei 11.500 U/min.

Um diese Power überhaupt verwertbar zu machen, hat Kawasaki schon vor einiger Zeit ovale Sekundär-Drosselklappen eingebaut, die nicht vom Fahrer, sondern vom Zentralrechner gesteuert werden. Sie sorgen dafür, dass sich der Motor beim plötzlichen Öffnen des Gasgriffs nicht verschluckt oder mit ungewolltem Schub nervt. Dazu kann der Fahrer über eine Taste am linken Lenker die Motorcharakteristik mit drei verschiedenen Wahlprogrammen beeinflussen: Bei Low stehen rund 50 bis 60 Prozent der Motorleistung zur Verfügung, die mittlere Stufe ist für 75 Prozent ausgelegt. Für den Rennstreckenbetrieb steht der Wahlschalter in der Regel auf "Full". Trotz der unglaublichen Power des Reihenvierzylinders haben die Ingenieure ihm eine sehr lineare Leistungsentwicklung anerzogen. Deshalb wirkt die Ninja beim Herausbeschleunigen aus der Kurve eher unspektakulär, obwohl sie am Ende langer Start-Zielgeraden durchaus angemessene 285 km/h auf dem Tacho erreicht. Dazu kommt, dass die ZX-10R einen für Kawasaki untypisch weichen Motorlauf ohne die üblichen kernigen Lebensäußerungen zeigt. Einzig das harte Ansprechverhalten des Motors nach geschlossener Drosselklappe mindert den ansonsten sehr kultivierten Eindruck des Triebwerks.

Daneben hält die neue Kawa verschiedene elektronische Helferlein bereit, wie beispielsweise die Traktionskontrolle S-KTRC (Sport-Kawasaki Traction Control). Der Fahrer kann unter verschiedenen Betriebsarten wählen oder das System ganz ausschalten. Das S-KTRC lässt zur Optimierung der Traktion einen gewissen zur größtmöglichen Beschleunigung nötigen Schlupf zu. Das ideale Schlupfverhältnis variiert je nach den herrschenden Bedingungen. Der regelnde Einsatz der Traktionskontrolle über die Zündung fällt sehr sanft aus und bringt keinerlei Unruhe ins Fahrwerk. Zweites elektronisches Regulativ ist das Supersport-ABS namens KIBS (Kawasaki Intelligent anti-lock Brake System). Es nutzt neben den Drehzahlsensoren an Vorder- und Hinterrad auch den Hydraulikdruck des Vorderradbremssattels sowie verschiedene Daten des Motorsteuergerätes. In der Praxis greift es erst spät und fein regelnd ein. Es fördert die Bremsstabilität und vermittelt viel Sicherheit. Wenig zu kritisieren gibt es beim Fahrwerk, das aus einem neuen Rahmen, neuen Federelementen und überarbeiteten Bremsen besteht. Es bleibt festzustellen, dass die neuen Federelemente sehr feinfühlig auf leichte Änderungen am Setup reagieren und die Ninja wie gewünscht beruhigen.

Bei aller Freude über die gelungene Abstimmung: Es bedarf etwas Körpereinsatz, um das Motorrad auf die richtige Linie zu bringen, dann bleibt es jedoch gut in der Spur. Korrekturen in der Schräglage verlangen ebenfalls mehr Aktionen. Ein Vergleich mit der Vorgängerin ist angesichts der kompletten Neukonstruktion nicht unbedingt hilfreich. Aber zehn Kilo weniger und 20 PS mehr sind eine klare Kampfansage an die übrige Superbike-Welt. Der Preis ist leider noch nicht bekannt.

mid/rkm

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