Unfallforschung untersucht Unfälle an Kreuzungen

Mensch, Technik und bauliche Veränderungen können zur Unfallreduktion beitragen

Erstmals seit 2003 war 2007 in Österreich wieder ein Anstieg bei der Zahl der Kreuzungsunfälle außerhalb geschlossener Ortschaften zu verzeichnen. " 2.620 Personen wurden bei derartigen Unfällen verletzt oder getötet . Somit kann fast jeder achte Verletzte oder Getötete auf Freilandstraßen einem Unfall bei Einmündungen oder Kreuzungen zugeschrieben werden", zeichnet Max Lang, ÖAMTC-Cheftechniker, ein dramatisches Bild. Grund genug für die ÖAMTC-Unfallforschung die Ursachen für eine derartige Häufung genauer unter die Lupe zu nehmen. "Die Unfallforschung , ein Gemeinschaftsprojekt von ÖAMTC-Flugrettung und ÖAMTC-Technik, ermittelt Unfallursachen sowie fahrzeugspezifische Stärken und Schwächen, um Verbesserungsvorschläge im Dienste der Verkehrssicherheit abzuleiten", erläutert Lang.
 
Charakteristisch für Kreuzungsunfälle sind vor allem schwerwiegende Seitenkollisionen. " 45 Prozent der todbringenden Unfälle sind Linksabbieger-Unfälle ", weiß Lang. "Der Autofahrer biegt nach links auf die Hauptfahrbahn ein und kollidiert mit dem von links kommenden Verkehrsteilnehmer." Die Ursache hierfür liegt in der Tatsache, dass die Fahrer auf der Nachrangstraße die Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn gar nicht oder viel zu spät wahrnehmen. Dies ist einerseits auf den Faktor Mensch zurückzuführen, anderseits kann dies auch an fehlender Rundumsicht in den Pkw liegen. "Selten liegt es jedoch an der Unübersichtlichkeit derartiger Kreuzungen, denn die häufigsten Unfallstellen befinden sich an Kreuzungen mit freier Einsicht über sehr weite Distanz, bei denen die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer falsch eingeschätzt wird", zitiert Lang ein Ergebnis der ÖAMTC-Untersuchung.
 
Aus der genauen Analyse der Unfallursachen lässt sich auch ein deutliches Verbesserungspotenzial im Automobilbau ableiten. "Insbesondere die Konstruktion der A-Säule kann die Rundumsicht stark beeinflussen und so den Einblick in den Kreuzungsbereich beeinträchtigen", sagt der ÖAMTC-Cheftechniker. " Immer mehr Autos werden bevorzugt zum 'Geradeausfahren' gebaut . Dies kann sich jedoch massiv auf die Sicherheit auswirken." Dass es in Sachen Rundumsicht auch besser geht, zeigen die teilweise hervorragenden Crashtest-Ergebnisse von Family Vans. "Gute Rundumsicht muss auf keinen Fall auf Kosten der passiven Sicherheit gehen", so Lang.Aus Sicht des ÖAMTC ist eine Reduzierung von Kreuzungsunfällen wichtig und notwendig. Ausgehend von den Ergebnissen der Unfallforschung hat der ÖAMTC unterschiedliche Empfehlungen und Forderungen abgeleitet. Autofahrern empfiehlt der Clubexperte grundsätzlich vor dem Einbiegen in eine oder dem Kreuzen einer Vorrangstraße anzuhalten. "An Einmündungen und Kreuzungen sollte man sich genügend Zeit nehmen , um die Verkehrssituation zu überblicken", meint Lang. Aber auch der Fahrer auf der Hauptfahrbahn kann durch umsichtiges und achtsames Fahren zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen.
 
Für Motorradfahrer stellt sich die Situation etwas anders da. Diese werden auf der Hauptfahrbahn an Einmündungen und Kreuzungen sehr häufig übersehen. Deshalb sollten sie an Knotenpunkten immer Geschwindigkeit drosseln, aufmerksam und bremsbereit bleiben sowie Blickkontakt zu den Einbiegenden bzw. Kreuzenden suchen.
 
Der ÖAMTC fordert aber auch von den Verantwortungsträgern im Straßenbau und in der Politik zur Reduzierung von Kreuzungsunfällen beizutragen. "Gerade Kreuzungen und Einmündungen , die sich besonders häufig als Todesfalle erweisen, müssen so gebaut werden, dass ein zu flottes und unaufmerksames Einfahren unmöglich ist ", fordert Lang. "Dies könnte mit einfachen Mitteln wie der Neugestaltung der Einfahrtsituation, einem baulich herbeigeführten Anhalten oder einer Verbesserung von Bepflanzung und Bebauung erreicht werden."
 
Nicht zuletzt können auch die Automobilhersteller wesentlich zu mehr Sicherheit beitragen. "Dabei geht es nicht um zusätzliches Hightech, sondern vielmehr um eine klare Struktur des Fahrzeuges im Bereich der A-Säule", stellt der ÖAMTC-Cheftechniker fest und fasst kurz die wichtigsten Erkenntnisse aus der ÖAMTC-Unfallforschung zusammen: " Verbesserung der Rundumsicht der Fahrzeuge , serienmäßige Ausrüstung der Fahrzeuge mit Seiten- und Kopfairbags, weitere Verbesserung des Seitenschutzes in Pkw und die Entwicklung und Einführung eines Kreuzungsassistenten, der mittels akustischen und visuellen Signalen vor drohenden Kollisionen warnt."Die Unfallforschung des ÖAMTC wird auf europäischer Ebene und gemeinsam mit Partnerinstitutionen im In- und Ausland, wie etwa dem deutschen Schwesterclub ADAC durchgeführt. Bereits seit dem vergangenen Jahr werden die Daten von sechs ÖAMTC-Notarzthubschrauber in dieser Studie verwertet. "Durch die Zusammenarbeit erfahrener Notfallmediziner, hochrangiger Techniker, sowie weiterer Experten können Unfallmechanismen und die dabei entstandenen Verletzungen dargestellt und genau analysiert werden. Daraus können die Techniker des Clubs wiederum Verbesserungspotenzial bei Fahrzeugen, Straßen und dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer ableiten", sagt der Cheftechniker abschließend.
 
ÖAMTC

Das empfiehlt und fordert der ÖAMTC

Club kooperiert auf europäischer Ebene